Nachlese „Geschmacksverstärker“ vom 18. Mai 2017

„Wie herrlich, dass sich Familien über Literatur spalten“, freute sich Doris Plöschberger vom Suhrkamp Verlag – und widerlegte damit die These, dass sich über Geschmack angeblich nicht streiten lässt. Ihre KollegInnen Jürgen Lagger (Luftschacht), Erwin Riedesser (Buchhandlung Leporello) sowie Moderatorin Barbara Mader taten es ihr bei der zweiten BuK-Veranstaltung „Geschmacksverstärker“ am 18. Mai im monami gleich.
Vor zahlreichen interessierten ZuhörerInnen wurde beherzt, offen und mit sichtlichem Spaß u.a. über die Frage, was das sogenannte „gute Buch“ ausmacht, diskutiert. Wie entscheidet man nun, wenn das Verlagsprogramm schwarze Zahlen schreiben muss? Jürgen Lagger jedenfalls ist Überzeugungstäter: „Ich verlege nur Bücher, die ich mag – das ist meine einzige Chance. Wenn ich sechs Titel pro Programm mache, kann ich nicht sagen: Ach, der eine reißt es raus. Alles kann das Lektorat nicht retten.“ Doris Plöschberger beschwört den ‚Mythos Suhrkamp‘: „Kompromisse versuche ich um jeden Preis zu vermeiden. Das gelingt meist, weil ich in einem Verlag arbeite, der Autoren verlegt, nicht Bücher.“
Auch für Buchhändler stellt sich die Geschmacksfrage jeden Tag aufs Neue. „Es gibt Bücher, die wir sehr gern haben, die beim Kunden nicht ankommen.“, so Erwin Riedesser. Ein klares Profil hält er für unverzichtbar und baut auf die Unterstützung durch VerlagsvertreterInnen: „Man muss sich unterscheiden von einem alles habenden Thalia. Als Buchhändler muss man gut sein, sonst ist man weg.“ Die Beziehung zum Kunden beschreibt er als „kompliziert, aber fast zärtlich und beglückend“.
Intim ist auch die Arbeit am Buch selbst: „Wir nehmen uns heraus, etwas besser zu wissen als der Schreibende. Es braucht ein Vertrauensverhältnis, damit es Kränkungen aushält.“, so Doris Plöschberger. Abwanderungen von AutorInnen gehören zum Geschäft, meint Jürgen Lagger: „Es gibt viele Scheidungen, mehr als im privaten Bereich.“
Nach rund 90 Minuten schließt die muntere Runde mit dem positiv-hoffnungsvollen Fazit: „Es geht nicht ums Erziehen, es geht ums Anstecken.“. Und weil zum Thema Geschmack jeder eine Meinung hat, wurde sich im Anschluss noch bis zu später Stunde leidenschaftlich über Vorlieben, Bestseller und Herzensprojekte ausgetauscht.

Eine Fotodokumentation für BuK – Verein zur Vernetzung der Buch- und Medienbranche.